Viele Fragen zur Gründung eines Online-Shops

baerwurz

Angesehenes Mitglied
So langsam geht es in die entscheidene Phase mit unserem Onlineshop und ich bin gerade dabei eine To-Do Liste und einen Ablaufplan zu erstellen.

Ich habe jetzt ca. 200 Punkte die abgearbeitet werden müssen und 6 davon möchte ich der Community stellen, und wenn nur 2 - 3 davon geklärt werden, so wäre mir das schon eine große Hilfe. Ich freue mich über jeden Ansatz.

Teilweise wahrscheinlich sehr banale Fragen, aber ich stand bisher immer auf der Affiliate-Seite und hab meine Erfahrungen eher mit SEO und Webblogs sowie Forensystemen gesammelt. ;-)

Shopstandort ist Deutschland, und als Software wird Magento zum Einsatz kommen.

Ich fang einfach mal an:

1. Widerufsbelehrung bei Sonderbestellungen. Angenommen ich verkaufe Autos. Es gibt ja soviele Variatsmöglichkeiten, das Autos in 50 verschiedenen Lacken mit 50 verschiedenen Felgen, 30 verschiedenen Radios und 38 verschiedenen Sitzbezügen bestellt werden könnn.
Die Hersteller haben natürlich nichts mehr auf Lager und fertigen somit erst nach Bestelleingang.
Kann ich in diesem Fall das Widerrufsrecht ausschließen? Das Problem ist, das unser Lieferant uns 5 Tage Zeit gibt, die Bestellung zu ändern oder zu stornieren, kommt jetzt nach 14 Tagen der Kunde auf die Idee das Auto doch nicht zu wollen, bleiben wir auf nem pinken Auto mit Bärchenfelgen, nem Schalplattenspieler und Schotten-Karo Sitzbezügen sitzen.

Da diese Güter richtig Geld kosten, könnten 2 solcher Kunden unsere Existenz gefährden. Läuft das also unter Sonderbestellung und kann ausgeschlossen werden? Defacto ist es ja so, aber ob die Gerichte das auch so sehen ist natürlich ne andere Frage. ;-)

2. Kann man grundsätzlich davon ausgehen, das Firmen die an den normalen Einzelhandel vertreiben, auch damit einverstanden sind, das Ihre Produkte durch Online-Shops vertrieben werden, oder muss man da wirklich Firma für Firma anschreiben und fragen ob Sie damit einvertstanden sind?

3. Lieferzeit im Shop: Ist es möglich bzw. legal, die Lieferzeit des Artikels erst mit einer, von Hand geprüften, Auftragsbestätigung mitzuteilen?
3.1 Oder andersrum was passiert wenn an dem Artikel steht: Lieferbar, und der Artikel ist dann plötzlich doch nicht da?
3.2 Was ist wenn ich bei dem o.g. Auto schreibe. Lieferzeit ca. 5-6 Wochen und mein Lieferant benötigt plötzlich 2 Wochen länger?

4. Warenwirtschaftssystem
Dieser Punkt hängt bei uns sehr nah mit Punkt 3 zusammen. Eigentlich möchten wir ohne WWS auskommen, da es technisch nicht möglich ist an unser bestehendes WWS anzudocken. Viele unserer Artikel haben eine Lieferzeit und sind nicht auf Lager, wie z.b. das o.g. Auto, da es zuviele Variationsmöglichkeiten gibt.
Andere Artikel sind hingegen auf Lager und ich könnte da schon die Artikel einstufen als Lagerware, was aber, wenn der Artikel dann plötzlich doch nicht da ist? Wie kann ich das machen?
Kann ich schreiben in der Regel lieferbar innerhalb von 1-3 Tagen, und dann nachdem ich den Auftrag innerhalb von wenigen Stunden geprüft habe dem Kunden mitteilen: Geht klar oder Ihn dann z.b. anrufen und Ihm sagen, das der Artikl derzeit leider kurzfristig ausverkauft ist und wir den Artikel bis dann und dann beim Kunden haben könnten?

Der Punkt bereitet mir am meisten Kopfzerbrechen, da ich gerne eine praktikable Lösung hätte, die gesetzlich legal, für den Kunden verständlich und für uns einfach zu handlen ist.

5. Programm Buchführung, Rechnungen mit Anschluss an Magento. Unser Shop wird mit Magento umgesetzt, kennt Ihr ne gute Lösung, eines einfach zu bedienenden Buchführungs und Rechnungsprogramm?

6. Siegel: Hat jemand Trusted Shop oder ähnliches im Einsatz und konnte danach eine Verbesserung der Conversionrate beobachten? Kurz lohnt es sich, und schenkt der Kunde diesem Siegel wirklich das Vertrauen, das es rechtfertigt monatlich 60 Euro für solch ein Siegel zu zahlen?

Hoffe Ihr könnt bei mir ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

Viele Grüße,

André
 
Zu 1) http://www.frag-einen-anwalt.de/forum_topi...=15019&ccheck=1

Angenommen, zwei Kunden bestellen nicht individualisierte, hochpreisige Ware "von der Stange" und widerrufen. Dann ist eure Existenz auch gefährdet.

Zu 2) Fragen und mit Firmen in Kontakt kommen -> kann für das Geschäft nur von Vorteil sein.

Zu 3) Bei Endverbrauchern nicht ratsam
Zu 3.1) Das darf nicht vorkommen ^~^
Zu 3.2) Kann durchaus vorkommen - würde die zwei Wochen einkalkulieren und nach der sechsten Woche nervös werden. Der Zulieferer wird dazu gewiß ausgefeilte AGB parat haben. Wenn es schief geht, sehen die Kunden den Fehler eh bei euch.

In diesen Fall besser zum Anwalt. Hört sich recht riskant an.
 
Zu 3.1)

Soweit ich weiß, darf das ruhig vorkommen nur kommt das bei dem Kunden natürlich nicht so gut an. Aber laut Gesetz ist das Angebot, welches du da im Internet hast kein rechtliches Angebot, sondern nur ein Angebot zur Abgabe eines rechtlichen Angebotes des Kunden, welches ihr dann annehmen könnt und durch die Annahme dann erst ein wirksamer Kaufvertrag zustande kommt. Such einfach mal bei wikipedia nach "invitatio ad offerendum", da wirst du eine ausführliche Antwort dazu finden...
 
Zu 1/3: Ich würde mir da einige deiner Konkurrenten ansehen, um einfach ein Gefühl dafür zu bekommen, was 'branchenüblich' ist. Wenn bsp. ein wichtiger Vertriebskanal ein Offline-Katalog ist, dann fallen da Hinweise zu Lagerbestand / Lieferzeiten wohl anders aus.

Ansonsten Stichwort 'freibleibend', auch angesichts deiner Abhängigkeit durch dritte Lieferanten.


Zu 4/5: Ein Server-Daten - Kunde hat auch einen Online-Shop. Ursprünglich gab es eine isolierte Access-Lösung, die auf Server-Daten umzog, die Bestelldaten wurden manuell erneut eingegeben. Inzwischen schickt der Shop per Cronjob Bestellmails an ein spezielles Mailkonto. Das kann per Klick von der Datenbank her abgerufen werden. Aus den Mails werden dann die Daten extrahiert und auf die Tabellen verteilt.
 
Hallo Andre,

ich bin kein Jurist, habe aber selbst bis vor Kurzem noch einen Onlineshop betreut, so dass ich mich mit dem Thema entsprechend viel beschäftigt habe. Vielleicht hilft es Dir:
(Du hast es nicht explizit geschrieben, aber ich gehe davon aus, dass Du (auch) an Privatpersonen lieferst. Solltest Du nur an Unternehmer im Sinne des Gesetzes liefern, dann gilt das meiste von dem, was ich nachfolgend geschrieben habe, nicht.)

Zu 1.)
Es gab mal eine Gerichtsentscheidung, bei der es um Notebooks ging. Das Notebook wurde nach Kundenwünschen gefertigt, d.h. die Austattung (Festplatte, RAM, Grafikarte, DVD-Laufwerk etc.) wurde entsprechend des Kundenwunsches eingebaut. Der Kunde hat widerrufen und beim anschließenden Gerichtsgang Recht erhalten, da es nach Auffassung des Gerichts für den Händler zumutbar war, das Notebook wieder auseinanderzubauen und anderweitig zu verkaufen. Ob dies ein Einzelfall war oder übliche Rechtsprechung, kann ich nicht beurteilen. Wie so oft, ist sowas auch immer eine Einzelfallbeurteilung. Das ist, ohne zu wissen, um welche Produkte es geht, sicher schwierig einzuschätzen. Hier würde ich in jedem Fall einen spezialisierten(!) Anwalt befragen oder entsprechend Kapital für Streitfälle einkalkulieren.

Zu 2.)
Kein Hersteller kann Dir verbieten, Produkte zu verkaufen, sofern die Produkte einmal in den Handel gekommen sind. Das wird zwar immer wieder versucht, führt m.W. aber nur in Einzelfällen zum Erfolg. Der Fachausdruck hierfür ist, meine ich, "Erschöpfungsgrundsatz". Allerdings verstehe ich nicht ganz Dein Problem. Ich weiß ja nicht, was Du verkaufst, aber normalerweise bezieht man als Händler seine Waren beim Großhändler (Distribution) und damit erübrigt sich die Frage doch, oder?
Wenn Hersteller nicht wollen, dass ihre Produkte über das Internet verkauft werden, dann wollen sie z.B. verhindern, dass die Produkte mit minimalen Margen "verramscht" werden. Verbieten können sie es Dir wie gesagt nicht, allerdings versuchen manche, dem Onlinehändler mit Klagen/Abmahnungen wg. Markenrechtsverletzungen bzw. Urheberrechtsverletzungen (wenn Du Produktbilder und -beschreibungen verwendest) das Leben schwer zu machen.
Wenn Du Verträge mit dem Großhandel und/oder dem Hersteller hast und darin der Verkauf über das Internet untersagt wird, dann musst Du Dich natürlich schon daran halten.

Zu 3.)
Wenn Du eine Lieferzeit angibst, dann musst Du diese auch einhalten. Wenn Du keine Lieferzeit angibst, dann musst Du innerhalb weniger Tage liefern. Dazu gab es mal ein entsprechendes Gerichtsurteil, ich meine sogar vom BGH. Eine Aussage der Urteilsbegründung war, dass es mit den heutigen technischem Möglichkeiten zumutbar ist, den Lagerbestand bzw. die Lieferzeit (sowie die Preise) im Onlineshop aktuell zu halten. Selbst die Angabe "Lieferzeit auf Anfrage" könnte zu Schwierigkeiten führen. Mal ganz davon abgesehen, dass es potentielle Kunden vom Kauf abhalten könnten, wenn keine Lieferzeit angegeben ist.
Hier gibt es ganz klar eine deutliche Empfehlung: Verwende keine (!) automatische Auftragsbestätigung an den Kunden, sondern nur eine, die durch einen Mitarbeiter manuell ausgeführt wird. Denn dann, und nur dann, kannst Du sagen, dass Du nicht (oder nur verspätet) liefern kannst, weil noch kein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Bei vielen Shopsystemen erhält der Kunde, nachdem er seine Bestellung im Shop abgeschickt hat, eine automatische Mail. In dieser sollte nur der "Eingang der Bestellung" bestätigt werden, aber nicht die Bestellung selbst. Hier kommt es auf den genauen Wortlaut an! Wenn Du nur den Eingang bestätigst, ist noch kein Kaufvertrag zustande gekommen und Du kannst (und solltest) dem Kunden schreiben, dass Du die Bestellung nicht annimmst. Wenn Du aber die Bestellung bestätigst, ist in diesem Moment der Kaufvertrag zustande gekommen und Du musst liefern.
Ich habe in manchen Onlineshop aber schon Klauseln gelesen, die ungefähr so lauteten: "Der Onlineshop nimmt die Bestellung des Kunden zu den Bedingungen der Webseite an." Was dann wohl dazu führt, dass mit Absenden der Bestellung durch den Kunden der Kaufvertrag zustande kommt, ohne dass nochmal eine separate Auftragsbestätigung nötig wäre.
Dieses Thema ist nicht einfach und sollte m.E. von Dir mit großer Sorgfalt beachtet werden. Wenn Du Dich für Trusted-Shops entscheidest (die erwähne ich nur, weil Du sie selbst genannt hast), helfen diese Dir dabei auch bzw. sie stellen ihren Mitgliedern ausführliche Informationen dazu bereit.

zu 3.2)
Dann hast Du Pech. Denn der Kunde könnte darauf bestehen, dass Du lieferst und u.U. sogar Schadenersatz fordern (wohl eher nur in Ausnahmefällen, denn der Kunde muss den Schaden nachweisen, was wohl in den meisten Fällen unmöglich sein dürfte). Der Kunde könnte aber u.U. vom Kaufvertrag zurücktreten und zwar auch dann, wenn es eine Sonderbestellung ist, bei der er vielleicht sonst kein Widerrufsrecht hätte.
Dein Lieferant hingegen wird sich mit entsprechenden AGB geschützt haben. Dein Problem ist nur, dass Du ähnliche Klauseln in Deinen AGB nicht verwendet kannst, weil diese sich (vermutlich) an Privatverbraucher richten und damit gesetzlichen Schranken unterliegen, die zwischen Unternehmern nicht gelten.
Vielleicht darf ich noch eine Empfehlung aussprechen: Wenn Du AGB verwenden willst, lass diese in jedem Fall von einem spezialisierten Anwalt erstellen, auch wenn dies (viel) Geld kostet. Aber das ist m.E. immer noch besser als AGB zu verwenden, die rechtlich nicht haltbar sind und Dir im Streitfall nicht helfen und ggf. durch den Wettbewerb (teuer) abgemahnt werden können.
Wie andere schon geschrieben haben: Unabhängig von der rechtlichen Situation mögen es Kunden gerade im Onlinehandel gar nicht, wenn genannte Lieferzeiten nicht eingehalten werden.



zu 6.)
Für den von mir betreuten Shop hatten wir das Trusted Shops-Siegel im Einsatz. Das würde ich immer wieder machen. Ich kann zwar nicht statistisch
belegen, dass sich dadurch die Käufe erhöht haben, aber "gefühlt" schon. Das kommt aber auch darauf an, wie geschickt Du das Siegel an welchen Stellen im Shop platzierst. Ich würde es eher zu oft als zu wenig platzieren, vor allem an den Stellen, an denen die möglichen Zahlungsarten genannt werden und dabei auch besonders die Geld-zurück-Garantie erklären. Ich weiß z.B. von einigen Telefonaten, nach denen die Kunden bestellt haben, weil im Gespräch die Geld-zurück-Garantie erklärt wurde. Natürlich ist das nicht repräsentativ, aber das sind eben unsere Erfahrungen. Ich hätte das Siegel hier im Forum normalerweise nicht erwähnt, damit mir niemand unterstellt, dass ich Werbung dafür machen will. Aber da Du selbst (u.a.) danach gefragt hast, ist es hoffentlich in Ordnung.


Vielleicht noch als generelle Empfehlung: Leider kann man mit einem Onlineshop hierzulande schnell in rechtliche Schwierigkeiten geraten, gerade aber nicht nur, was das Fernabsatzgesetz angeht. Hier ist juristischer Beistand ggf. gut investiertes Geld. Auch ein Siegel kann helfen, da der Shop dann auf rechtliche Aspekte abgeklopft wird (sonst kriegst Du das Siegel nicht) und meist auch weitere hilfreiche Empfehlungen gegeben werden.
Wichtig dabei ist m.E. auch, fortlaufend die aktuellen Gesetzesänderungen und die aktuelle Rechtsprechung im Auge zu behalten, da sich in den letzten Jahren doch viele Änderungen ergeben haben und dies vielleicht auch in Zukunft so sein wird.

So, ich hoffe, Du hast überhaupt bis hierher gelesen ;-) und es hilft ein wenig.

Gruß,
Alex






 
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