Schweizer Rechtslage für Forenbetreiber

Michael Bieri

Angesehenes Mitglied
Nacht dem in meinen Augen recht kritischen Entscheid im Call-In-TV Fall stellt ist das Thema ja wieder mal brandaktuell.

Kennt einer den Einfluss dieses Entscheids auf die Schweiz? Welche Pflichten hat dadurch ein CH-Forenbetreiber?

Ich habe zwar recht viele Information zum Thema gefundne, aber diese sind in meinen Augen "veraltet".
 
Deutsche Entscheidungen - auch Leitentscheidungen - haben keinerlei Auswirkungen auf die Schweiz. Im Gegensatz zur östereichischen Gesetzgebung wie Rechtsprechung, die sich stark an Deutschland anlehnt, handelt die Schweiz hier völlig eigenständig.

Also, keine Angst - hier gibts erstens weit weniger Regelungen, zweitens erfolgt die Rechtsprechung völlig autark und ist noch dazu meiner Einschätzung nach von deutlich gesünderem Menschenverstand geleitet. Das letztere bezieht sich auf grobe Abweichungen zur allgemeinen Herrschenden Meinung. (Wie man am Beispiel LG Hamburg sieht, und - zum Glück nur - wenigen anderen)
 
Vielen Dank Matthias für die umgehende Antwort.

Da hier recht viele Parteien in diesem Projekt intgriert sind, ist für mich momentan noch die Frage offen wer schlussendlich die juristische Verantwortung trägt.

Im aktuellen Fall gibt es:
-Eigentümmer/Besitzer
-Betreiber --> Arbeitet im Auftrag der Eigentümmer. (-->Offizielle Kontaktperson)
-Hoster/RZ



 
Es handelt sich um ein grösseres Markenbezogenes Autoforum. Ist das grösste Deutschsprachige dieser Art und läuft über 2 .de Domains. Läuft als Nonprofit über Spenden, alle "Mitarbeiter" sind Ehrenamtlich im Einsatz. Server steht ebenfalls in DE

Verständlicherweise gibt es recht kritische Themen zu Marken und Lieferanten, welche eigentlich meistens durchaus informativ sind und daher beibehalten werden sollen.

Durch die Abmahnwelle und den jetzt recht brisanten Entscheid möchten wir kein grosses Risiko eingehen und suchen daher etwas Distanz.
 
Das Problem in einem deratigen Fall - bei einer de-Domain benötigst Du in jedem Fall einen Admin C mit Standort/Wohnsitz/Erreichbarkeit Deutschland. Dieser ist nach geltendem Recht in Deutschland auch in Haftung zu nehmen, wenn z. B. der Domain-Inhaber seinen Sitz im Ausland hat oder ihn gerade wegen der Haftungsrisiken dorthin verlegen möchte.

Die beste Lösung ist eine Netiquette festzulegen, die dafür Sorge tragen soll, dass Formulierungen zwingend und ausnahmlos sachlich ausfallen müssen. Wenn jemand als Meinung schreibt "ich habe die und die Erfahrung gemacht, oder ich bin der Meinung, dass" und er dies nicht in herabwürdigender Weise vornimmt oder bereits nach kurzem Augenschein offensichtlich ist, dass dies nicht stimmen kann, kann dagegen niemand etwas unternehmen. Insbesondere nicht, wenn dem Betroffenen eine Klarstellungsmöglichkeit gewährt wird.

Wenn aber geschrieben wird "Hersteller/Produkt ist schlecht" oder "schlecht im Vergleich zu dem", oder wenn es stark rufschädigend ist, weil in einem bestimmten Forum nunmal vor allem nur eine Partei redet >>> Beispiel Forum einer einzigen Automarke <<< und man dann in Betracht zieht, dass Herabwürdigungen anderer i. d. R. emotional motiviert sind, wie dies nunmal bei Autos der Fall ist, dann hat der Betroffene unter Umständen einen Unterlassungsanspruch.

Das Problem ist generell die erforderliche Einzelfallbetrachtung und dass der Gesetzgeber in Deutschland Abmahn-Missbrauch Tor und Tür geöffnet hat. Jeder hat nach Artikel 5 des Grundgesetzes das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Jedoch, darf dies nicht in Kollision mit anderern wichtigen Rechtsgütern kommen, was bei problematisch ist, wenn kommerzielle Interessen mitspielen. Die Rechtsprechung wird hier bald in Karlsruhe ein Machtwort sprechen müssen, und zwar nicht nur vom BGH, sondern eher vom BVG (Bundesverfassungsgericht). Dieses hat bereits vor enigen Monaten in dem bedeutenden und wegweisenden Cicero-Urteil die Pressefreiheit (die ja auch in Art 5 GG bekräftigt wird) als ein besonders hohes Gut festgeschrieben, welches man auch vor Zugriffen des Staatsapparates (Politik und ganz besonders Strafverfolgungsbehörden) schützen muss.

Dass sich nun im Zusammenhang mit dem BND-Untersuchungsausschuss ausgerechnet Bundestagspräsident Lammert den Faupax geleistet hat, erneut die Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen gegen 17 Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnisverrats ermächtigt hat, obwohl dies nach dem Urteil des BVG nicht statthaft ist, da ausser den Zeitunsgartikeln gar keine Beweise zur Hand waren, zeigt, dass selbst Politikvertreter in derart hohen Ämtern nicht von Fehlern frei sind, oder vielleicht einfach auch emotional oder intellektuell überfordert sein könnten. Dies ist aber eine andere Geschichte.

Ich würde das Forum öffnen, eine scharfe Nettiquette festlegen, alles gut erläutern für die, die da etwas unbedarft sind, und dann das Forum permanent durch Mods kontrollieren lassen. Irgenwann spricht sich das rum und ihr habt Ruhe vor Provokateuren, die euch vielleicht absichtlich ein Bein stellen wollen. Wichtig ist, dass ihr alles schön protokolliert, immer schön Datum/Uhrzeit etc. - und vor allem eure AGB gut formuliert.

Die Verlegung des Forenbetreibers einer "de"-Domain ins Ausland löst das Problem also nicht.
 
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