Schutz vor Abmahnung durch Floskel?

TTlong

Angesehenes Mitglied
Hallo,

in letzter Zeit lese ich vermehrt Texte dieser Art und frage mich, ob dies denn so stimmen kann bzw. wirklich vor teuren Abmahnungen schützt/schützen kann oder ob sich die Betreiber damit schon fast selbst zum "Täter" erklären.

QUOTE Im Falle von Wettbewerbsrechtlichen oder ähnlichen Problemen bitten wir Sie,
zur Vermeidung eines unnötigen Rechtsstreites und Kosten, uns bereits im Vorfeld via Email zu kontaktieren.
Die Kostennote einer anwaltlichen Abmahnung ohne vorhergehende Kontaktaufnahme mit "xxxxxxxxxxx"
zB. dem Medium Email wird im Sinne der Schadensminderungspflicht als unbegründet zurückgewiesen.


Was meint ihr dazu?
 
klingt zumindest mal wei eine Bereitschaft sich etwaigen externen Rechtsansprüchen stellen zu wollen. Getreu dem Motto. "Wenn du was willst rede erst mit mir und nicht gleich mit nem Anwalt."

Ob es rechtlich wasserdicht ist, kann ich nicht sagen.

Gruß Ronny
 
Das ist etwas ähnliches wie die Sache mit dem 'Hamburger Urteil' - siehe den bis heute lesenswerten Artikel von Daniel Rehbein zum Urteil Landgericht Hamburg.

Zitat:

QUOTE Eine Aussage "Ich distanziere mich" ist also gemäß Feststellung des Gerichts gar keine Distanzierung. Denn man kann nicht einfach per Deklaration Tatsachen schaffen.


Eine solche Klausel soll das Risiko eines Rechtskonfliktes mit entsprechenden Kosten verringern. Aber das geht nur durch eine Beachtung der rechtlichen Pflichten, nicht per Deklaration. Umgekehrt besteht keine Pflicht eines Abmahnenden / Klageeinreichers, den Abgemahnten / Beklagten im Vorfeld auch noch kostenlos über seine Pflichten zu belehren und ihm eine kostenlose Korrektur zu ermöglichen.
 
Zum Thema Abmahnungen wird leider vieles geschrieben, was letztendlich nicht stimmt. Daher sollte man auch sehr vorsichtig mit der fachlichen Terminologie umgehen - sie könnte unter Umständen genau das Gegenteil der eigenen Interpretation bedeuten.

Wichtig bei der Rechtswürdigung ist die genaue Kenntnis der Herrschenden Meinung wie auch die Entwicklung eben dieser über einen längeren Zeitraum. Neben der leitenden Rechtsprechung sind die Kommentierungen unverzichtbar, wenn es darum geht Rechtseinschätzungen vorzunehmen.

Zur Aufklärung der vorliegenden - durchaus interessanten - Fragestellung:

Die von Dir zitierte Klausel macht vor dem Hintergund der höchstrichterlichen Rechtsprechung in jedem Fall Sinn. Beispielsweise ist nur sehr wenigen das vielbeachtete Urteil des BGH aus 12/06 bekannt (Az: VI ZR 175/05): Hier wird u. A. erklärt:

QUOTE Ist in einem einfach gelagerten Schadensfall die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe klar, so ist es auch außerhalb des Wettbewerbsrechts nicht erforderlich, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Vielmehr ist der Geschädigte in derart einfach gelagerten Fällen grundsätzlich gehalten, den Schaden zunächst selbst geltend zu machen. Die sofortige Einschaltung eines Anwalts kann sich nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen, wenn etwa der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie etwa Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden.


Wie jede Klausel in einer AGB wird auch die vom Threadverfasser zitierte mehr oder weniger beachtet. Viele der tagtäglich in Deutschland versandten Abmahnungen sind rechtlich nicht haltbar. Aber, man darf nicht vergessen, dass es bei den Juristen genauso viele gute oder schlechte Vertreter der Zunft gibt, wie in jedem anderen Beruf auch.

In der Rechtspraxis bedeutet dies, dass manch einer - auf gut Deutsch - auch einfach mal Mist verzapft, weil er eben nicht in der Materie steckt. Das soll es übrigens bei Entwicklern auch geben, habe ich irgendwo mal gehört.
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@ Matthias:

In deinem zitierten Stück steht ja alles und nichts:

QUOTE Vielmehr ist der Geschädigte in derart einfach gelagerten Fällen grundsätzlich gehalten, den Schaden zunächst selbst geltend zu machen


Wer oder was bestimmt bzw. regelt (im Vorfeld), was ein einfach gelagerter Fall ist und was nicht?


QUOTE Die sofortige Einschaltung eines Anwalts kann sich nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen, wenn etwa der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit ......... nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden.



Ab wann gilt man als geschäftlich gewandt? Wie ist geschäftliche Gewandtheit zu interpretieren? Bin ich das schon mit Erlangen der Geschäftsfähigkeit, oder als eingetragener Selbstständiger, oder wenn ich 100 Bücher über X & Y gelesen habe?

Magelt es mir an geschäftlicher Gewandheit, wenn mir beide Arme fehlen, ich dem zu Beklagenden keine E-Mail schreiben oder ihn nicht anrufen, sehr wohl aber zu meinem Anwalt gehen und ihn damit beauftragen kann, sich der Sache anzunehmen?

 
QUOTE In deinem zitierten Stück steht ja alles und nichts:

QUOTE
Vielmehr ist der Geschädigte in derart einfach gelagerten Fällen grundsätzlich gehalten, den Schaden zunächst selbst geltend zu machen


Wer oder was bestimmt bzw. regelt (im Vorfeld), was ein einfach gelagerter Fall ist und was nicht?

Mein Post bezog sich auf Deine ursprüngliche Fragestellung und passt 100% dazu. Das "zitierte Stück" stammt vom Bundesgerichtshof
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= höchstrichterlich.

Deine - berechtigten - Fragen sind nicht in drei Sätzen zu beantworten. Dazu müsste ich tiefer in die Materie gehen. Du siehst jedoch selbst daran, wie komplex das Recht ist. Recht ist in den meisten Fällen Auslegungsache - letztendlich entscheiden die Herren in den Roben, wie es dann im jeweiligen Sachverhalt auszulegen ist.

Und, da es gute wie schlechte Anwälte gibt, kann man jedem nur raten einen guten zu wählen. Was eher ein Lotteriespiel ist, so gehts aber umgekehrt auch dem Juristen, der einen Programmierer auswählen muss.
 
QUOTE (- Matthias - @ Sa 10.11.2007, 15:42)
Und, da es gute wie schlechte Anwälte gibt, kann man Dir[/] nur raten einen guten zu wählen. Was eher ein Lotteriespiel ist, so gehts aber umgekehrt auch dem Juristen, der einen Programmierer auswählen muss.



Du lässt es grade so klingen, als ob ich der Verfasser des von mir zitierten Textes bin und anwaltlichen Beistand bräuchte
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Im Prinzip hab ich aber verstanden auf was du hinaus willst.
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Danke für eure Antworten.
 
QUOTE Du lässt es grade so klingen, als ob ich der Verfasser des von mir zitierten Textes bin und anwaltlichen Beistand bräuchte

Ne, war nicht so gemeint - ich meinte das eigentlich im allgemeinen Sinne, nicht Dich speziell, ändere es deshalb auch gerne ab.
 
Passt auch zum Thema:

Auf vielen Websites findet man heute einen Text in dieser oder ähnlicher Version:

Mit Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, daß man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite ggf. mit zu verantworten hat. Dies kann - so das Landgericht Hamburg - nur dadurch verhindert werden, daß man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert.

Der Inhaber dieser Website hat auf dieser Seite Hyperlinks zu anderen Homepages im Internet gelegt. Für all diese Links gilt: Der Inhaber dieser Website möchte ausdrücklich betonen, daß er keinerlei Einfluß auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten hat. Deshalb distanziert er sich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf dieser Homepage und macht sich deren Inhalte nicht zueigen. Diese Erklärung gilt für alle auf dieser Website ausgebrachten Links!

Es ist für mich sehr erstaunlich, wieviele Homepagebesitzer diesen sogenannten Disclaimer (Haftungsausschluß) inzwischen, ohne Nachzudenken, übernommen haben.

Im zitierten Urteil des LG Hamburgs wird allerdings unmißverständlich festgestellt, daß die Anbringung eines derartigen Disclaimers gerade nicht ausreichend ist, um sich von fremden Inhalten zu distanzieren. Bestenfalls also ist der Disclaimer wirkungslos und damit überflüssig. Schlimmstenfalls ist er ein Indiz für vorhandenes Unrechtsbewußtsein. Denn die Existenz eines Disclaimers zeigt, daß sich der Website-Betreiber offenbar der Möglichkeit bewußt war, daß Links auf strafrechtlich relevante Inhalte verweisen könnten. - Im übrigen wurde das Urteil niemals rechtskräftig, denn die Parteien haben sich schließlich in einem Vergleich geeinigt.

Demnach ist es auch (meiner Ansicht nach) sinnlos einen Link auf eine “DISCLAIMER-Website” zu setzen. Das einzig wahre Hilfsmittel ist:

- setzen Sie Links nur auf Ihnen gut bekannten Websites
- überprüfen Sie ab und zu Ihre Links (so halten sie Ihre Website auch vor “gebrochenen”-Links sauber
- fragen Sie gegebenfalls vor dem Setzen eines Links den Inhaber dieser Website

Also müßen Sie sich um einen “DISCLAIMER” für Ihre Website wirklich keinen Kopf zerbrechen.

Quelle: www.disclaimer-info.com
 
QUOTE Denn die Existenz eines Disclaimers zeigt, daß sich der Website-Betreiber offenbar der Möglichkeit bewußt war, daß Links auf strafrechtlich relevante Inhalte verweisen könnten

Würde mich nicht wundern, wenn aus dem Elfenbeinturm heraus ab und an derart geurteilt wird. Es widerspricht jedoch jeglichem gesunden Menschenverstand - und dieser ist der Jurisprudenz zum Glück noch nicht völig abhanden gekommen.

AGB werden - verständlicherweise - nur als Kröte geschluckt, will sagen auf die Schnelle wird etwas zusammenkopiert, abkopiert, weils halt dazu gehört, online gestellt. Der Grund: das gesunde Rechtsempfinden eines "normal Denkenden", welches einer durch Abstrahierung und zunehmender Entfremdung gekennzeichneten Rechtsprechung zuwiderläuft.

Nur neidvoll blickt man hinüber zum anglikanischen Recht. Dort ist dies die Gerichtsbarkeit bei Weitem volksnaher. Es gibt in der deutschen Rechtsprechung in einigen Rechtsgebieten wohltuende Tendenzen in diese Richtung, das gibt Hoffnung.

Die zunehmend grösser werdende Anzahl von Anfragen, die mich erreichen, und die darauf ausgerichtet sind Deutschland als Unternehmensstandort zu verlassen, beweist, dass sich immer mehr die Schikanen einer planlosen Politik nicht mehr gefallen lassen. Sie gehen einfach weg.

Auch die Kleinen nutzen vermehrt die Chancen der Globalisierung. Man lernt dazu.
 
meine frag hierzu wäre,

gibt es rechtliche maßnahmen, um sich vor nicht eindeutigen AGB zu schützen, um nicht in eine so genannte falle zu tappen?
 
QUOTE (TTlong @ Sa 10.11.2007, 22:09) Aus Sicht des Käufers oder des Verkäufers?

aus der sicht des käufers
 
oh als kaeufer bist du meist fein raus, saemtliche AGB die als "sittenwidrig" gelten koennen auch im nachhinein noch angefochten werden.

Eigentlich ist im dt. Recht ausschliesslich der VERkaeufer der dumme...

 
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